Archiv für den Tag: 12. Januar 2016

Deutschlands politische Phrasendrescher

Aus den „Fliegenden Blättern“ stammt das Wort: Die Phrase ist die Toilette des Geistes.“ Demzufolge müsste das Gros der führenden deutschen Politiker in den letzten Tagen reichlich Stuhlgang gehabt haben.
Die Phalanx der Phrasendrescher erging sich in hilfloser verbaler Kraftmeierei. Die Kanzlerin reihte sich ein, rief nach einer „harter Antwort des Rechtsstaats“ auf die abscheulich Vorfälle in vielen deutschen Städten. Vize Gabriel barmte: „Es muss jetzt was passieren, sonst verstehen uns die Leute überhaupt nicht mehr.“ SPD-Fraktionschef Oppermann dröhnte: „Für Sex-Angriffe kein Pardon. Aufklären, festnehmen, hart bestrafen und wenn möglich abschieben.“ Man achte auf das „wenn möglich“. Innenminister der Maiziere verlangte, es müsse künftig (!!) leichter sein, straffällige Asylbewerber abzuschieben. Justizminister Maas sprach plötzlich vom „zeitweiligen Zivilisationsbruch“. Trug er bisher Scheuklappen? Familienministerin Schwesig entdeckte plötzlich, dass „bestimmte Gruppen“ keinen Respekt vor Frauen zeigen. „Bestimmte Gruppen“, Aha! Warum nennt sie nicht Ross und Reiter? Nordrhein-Westfalen SPD-Regierungschefin Hannelore Kraft warnte davor, überstürzt zu reagieren. Besser weiter schlafen?
zur Kultur der Phraseologie und Wortklauberei gehört auch das Verschleiern und Verdrängen. Warum wurden die scheußlichen Ereignisse so lange verschwiegen? Um die Willkommenskultur nicht zu stören? Um der „politischen Korrektheit“ willen? Darf ein Polizist nicht mehr sagen, wenn ein Ausländer oder Asylbewerber eine Straftat begeht? Soll er sogar wegschauen, womöglich auf Anweisung von oben?
Die Realität dieser Tage erschließt sich mit brutaler Klarheit aus den Anzeigen sexuell belästigter und oft bestohlener Frauen in Köln. Eine sagt: „Ich war eingekreist, hatte Finger in allen Körperöffnungen.“ Eine andere Zeugin gab zu Protokoll: „Ein junges Mädchen hatte ein Kleid an. Der hat man die Strumpfhose und die Unterhose ausgezogen. Sie war praktisch nackt.“ Eine andere: „Wir waren Freiwild mitten in der Stadt. Es war Horror.“ Ein Polizist zog eine Frau aus dem Mob: „Ich bekam sie zu packen. Sie schrie und weinte. Man hatte ihr den Slip vom Körper gerissen.“ Er habe etwa acht verdächtige Männer festnehmen können. „Sie alle hatten Papiere dabei, Aufenthaltsbescheinigungen für Asylverfahren.“ Und ein Polizist offenbarte die ganze Hilflosigkeit gegenüber dem Mob dem „SPIEGEL“: „Wir waren für die Luft, völlig unerheblich.“
Warum werden wir von den Politikern sediert und mit Phrasen abgespeist? Weil sie keine Antworten haben. Weil dieser Staat wehrlos scheint. Abschiebungen erfolgen nur zögerlich oder sind vielfach aus vielen Gründen gar nicht möglich. Verurteilungen auch nach schweren Straftaten erfolgen oft erst nach vielen Monaten. Inzwischen begehen die Täter feixend neue Delikte angesichts der Lahmheit des Staates. Serientäter werden fast nie abgeschoben.
Ein grandioses Beispiel ist jener Asylbewerber mit sieben Identitäten, der kurzfristig in drein deutschen Gefängnissen einsaß wegen gefährlicher Körperverletzung, Drogenhandel, Bedrohung, Diebstahl, Erschleichen von Leistungen und Belästigung von Frauen im Intimbereich. Abgeschoben wurde er nie. Doch dann tauchte er plötzlich in Paris auf, ein Schlachterbeil in der Hand, stürmte mit Bombenattrappe und ISIS-Symbol eine Polizeiwache und wurde erschossen. Bei jeder Straftat, bei jedem Asylgesuch musste er seine Fingerabdrücke abgeben. Doch abgeglichen wurden die Daten dieser Zeitbombe offenbar nie. Und über offene Grenze kommen Terroristen wie gesehen anscheinend leicht von Recklinghausen nach Paris.
Den Vogel politischer Dreistigkeit schoss am Montag im Frühstücksfernsehen Kanzleramtsminister Peter Altmeier ab. Bei der Aufklärung der jüngsten Ereignisse sah er „möglicherweise“ Lücken an der einen oder anderen Stelle. Und dann sagte er wirklich wörtlich: „Die gute Nachricht ist, dass wir durch den Eindruck der Ereignisse auch zur Geschlossenheit gefunden haben. Wir haben am Wochenende nicht gestritten, wir haben Gespräche miteinander. Wir sind uns einig, dass wir sowohl in der Durchsetzung als auch in der gesetzlichen Flankierung der Maßnahmen besser werden müssen.“ Geht es noch zynischer? Der Abscheulichkeit von Köln war eine gute Nachricht, weil wir jetzt endlich nicht mehr streiten, sondern vielleicht handeln können?
Angela Merkel ist zu bedauern. Die Geister, die sie mit gerufen hat, wird sie mit diesem Phrasen-Personal nicht los. Wir schaffen das? Mit diesen politischen Leichtgewichten? Kaum. Und so hilft wohl auch nicht mehr Angela Merkels Stoßseufzer: „Wir müssen und immer gegenseitig anspornen, dass man auch etwas zum Guten wenden kann.“ Gesundbeten und beschwören. Das ist zur Zeit alles, was diese Kanzlerin bietet. Mehr leider nicht. Schade, dass so die böse Brut von Pegida, AfD und faschistischen Rechten Nahrung finder.
Sigi