Prellbock für den Schulz-Zug

In Nordrhein-Westfalen singen die Anhänger des Heiligen St. Martin von Würselen nach der Melodie „Glückauf, der Steiger kommt“ schon „Glückauf, der Schulz-Zug kommt“. Nach der Ansage ihres Lokomotiv-Führers, mit einem rot-roten Bündnis die CDU im Saarland aus der Regierung zu fegen, ist der vermeintliche ICE der SPD jedoch frontal gegen einen Prellbock gerammt. Bürgerliche Wähler sprangen zuhauf aus ihren Sesseln und verschafften der CDU im Zwergen-Bundesstaat einen Zuwachs von über 47000 Wählern. Und die SPD, deren Anhänger nach der !00-Prozent-Wahl ihres neuen Messias schon wie im Drogenrausch durchs Land stolzierten, verlor an der Saar sogar ein Prozent. Die Lehre: Mit rot-roten Zukunftsträumen auch für den Bund weckt die SPD eher auch noch den letzten CDU-Anhänger aus dem Tiefschlaf und treibt ihn an die Urnen. Und: Martin Schulz muss künftig mehr bieten als Gefühls-Phrasen für den „kleinen, hart arbeitenden Bürger“. Wer unsere Republik vor allem als das „Land der Abgehängten und ungerecht Benachteiligten“ beschreibt, der verstört eben gerade jene hart arbeitende Mittelschicht, der es zu Recht gut geht. Diese Mitte ist klug genug, zu bemerken, dass wir die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 1991 verzeichnen und in Europa wirtschaftlich und sozialpolitisch einsam an der Spitze stehen. Gerhard Schröder wusste, dass Wahlen in eben dieser Mitte gewonnen werden, nicht links und nicht rechts. Und wenn es darum geht, über fehlende Gerechtigkeit und die vermeintliche „Masse der Zu-kurz-gekommenen“ zu greinen: Auf diese Tränendrüse drückt die AFD populistischer als die SPD.

SPD-Delirium

Mit einem Ergebnis, das nicht einmal Ulbricht oder Honecker in ihren Großzeiten schafften, taumelt die SPD mit Martin Schulz ins Wahlkampf-Delirium. 100 (!!) Prozent Zustimmung bei der Parteitagswahl des „Heiligen von Würselen“. Die Realität sieht so aus: Einziger konkreter Punkt seines Programms sind bisher die Kampfparolen gegen Gerhard Schröders Reformwerk Agenda 2010, das half, Deutschland von „kranken Mann Europas“ (The Economist) zum stärksten Land Europas zu machen. Nun steigt Schulz ungeniert in die Fußstapfen des erbitterten Schröder-Gegners Oskar Lafontaine, der mit Kampfparolen gegen den „neoliberalen Kurs“ Schröders Reformwerk diffamierte. Die erste Abbruchbirne ließ Schulz mit seinem Projekt „Arbeitslosengeld Q“ auf die Agenda 2010 niedersausen. Kosten laut Bundesagentur für Arbeit (BA): 6,4 Milliarden Euro pro Jahr. Nutzen: Keiner. Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft: „Der Schulz-Plan geht in die völlig falsche Richtung. Die Kosten würden explodieren, die Rücklagen der BA binnen weniger Jahre aufgefressen. Dieses Programm hält Arbeitslose nur länger vom Arbeitsmarkt fern.“ Wie gut, das wenigstens Angela Merkel noch Schröders kühnen Schritt verteidigt, über den der ehemalige SPD-Kanzler sagte: „Wir haben dieses riesige Reformwerk geschultert, um uns Luft zu verschaffen für Investitionen in Bildung, Forschung, Innovationen und damit die Zukunft unseres Landes.“ Dass dieses Ziel erreicht wurde, können eigentlich nur Blinde bestreiten. Vor der Schulz-Augurations-Rede huschte noch ein Video über die Bildschirme: ER IST HIER! Man kann nur hoffen, dass aus den Fesselballons, die der neue SPD-Guru steigen ließ, bald die Luft entweicht. Und es dann erleichtert heißt: ER IST WIEDER WEG!

Antalya Adieu

Der französische Philosoph Voltaire schrieb einst: „Der Geist der Intoleranz macht die Menschen zu Bestien“. Eine solche Bestie regiert derzeit am Bosporus: Recep Tayyib Erdogan. Er steckt tausende Beamte, Lehrer, Intellektuelle, Oppositionelle und Journalisten ins Gefängnis, unter anderem den deutschen „WELT“-Reporter Denis Yücel. Er zerbombt kurdische Städte und lässt durch seine Schergen foltern. Deutschen Abgeordneten lässt er Besuche bei unseren Soldaten, die von der Türkei aus gegen den IS kämpfen, verbieten. Aber für sich und seine Minister beansprucht er schamlos unsere Versammlungs- und Meinungsfreiheit, um hierzulande für deren Abschaffung und das Referendum zum Ausbau seiner Diktatur zu werben. Lasst diese Hetzer reden! Unsere Demokratie hält das aus. Aber ihr deutschen Urlauber: Fahrt alle nicht mehr zum Urlaub in jenes Land, dessen Präsident unseren Staat als „Nazi-Republik“ beschimpft. Sagt vielstimmig „Antalya Adieu“! Fahrt in Länder, wo ihr willkommen seid! Fahrt an die schöne Nord- und Ostsee oder in unsere Berge! Und ihr Türken, die ihr hier Eure AKP-Fahnen schwenkt und „Heil Erdogan skandiert: Macht Euch doch auf den Weg nach Hause in eure sogenannte Demokratie, wenn es Euch in unserem freien Land nicht mehr gefällt. Wir jedenfalls brauchen keine Fanatiker, die unsere Gesellschaft spalten und keine türkischen Imane, die hier in Moscheen spitzeln und denunzieren. Wir hatten einst die Stasi, das hat uns gereicht. Wir brauchen keine türkische Variante.

Mit Facebook zurück ins Mittelalter

Im Mittelalter gab es den Pranger. An den wurden Verbrecher gestellt, Mörder, Diebe Betrüger, Verleumder. Der Pranger unserer Zeit heißt Facebook und Twitter. Hier werden Politiker verunglimpft und Bürger, Andersdenkende und Minderheiten, hier wird gelogen und gehasst. Zu Recht schrieb Hans-Ulrich Jörges: „Die menschliche Hölle hat ihren Schlund geöffnet und speit unaufhörlich: Hetze, Rassismus, Nazismus, Gewalt, Desinformation und Manipulation.“ Die „Süddeutsche“ sprach nach einer Expedition in diese Internet-Dienste von einem „Blick ins Grauen“. Der Papst warf den Netzwerken „geistige Umweltverschmutzung“ vor. Shitstorms – welch treffende Bezeichnung – regieren die Szene. Und die Medien, seriöse, verlässliche Journalisten? Sie werden attackiert als „Lügenpresse“. Machtgeile Staatschefs wie der Ober-Twitterer Trump, Putin, Erdogan oder Orban erklären die freie Presse zum Feind. In Russland werden kritische Journalisten ermordet, in der Türkei ins Gefängnis gewo0rdwen und gefoltert, in Ungarn mundtot gemacht, in den USA als „Feinde des Volkes“ von Trump (You are Fake-News“) diffamiert. Übers Internet verbreiten diese Quasi-Diktatoren dagegen mit Vorliebe ihre „Wahrheiten“, gegen die Widerspruch strafbar ist. Und unsere Politiker in Deutschland? Sie säubern diesen mittelalterlichen Pranger nicht etwa wie einen Augiasstall, sondern setzen auf halbherzige juristische Kosmetik und hilflose Klagen. Aber eins ist sicher. Im bevorstehenden Wahlkampf werden sie dienern vor den Götzen der Neuzeit, ihre Wahlkampagnen auch führen mit Hilfe dieses Hasskartells. Willkommen auf dem Weg zurück ins Mittelalter!

Trump auf Mielkes Spuren

Donald Trump braucht wohl wirklich nicht mehr lange, um ähnliche Auftritte wie Erich Mielkes letzten vor der Volkskammer hinzulegen. Da hatte Mielke getönt: „Ich habe doch Kontakt mit allen Werktätigen. Ich liebe alle Menschen, ich liebe euch doch alle…“. Und was sagte Donald Trump, der doch alle arbeitenden Menschen so liebt, in seiner gestrigen Pressekonferenz: Er habe doch auch das Wohl aller im Auge, er sei doch „kein schlechter Mensch“. Ähnlichkeiten wirklich nur zufällig? Mielke musste danach abtreten, und Trump?

Wahlkampftrottel

Schiller wusste: „Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.“ Da wird die ausgerechnet für Skandal-Aufklärung bei VW angestelllte Vorstandsfrau Christine Hohmann-Dennhardt nach 13 Monaten „Arbeit“ mit 12,5 Millionen Euro Abfindung und einer lebenslangen Monatsrente von 8000 Euro vom Hof gejagt. Und die SPD-Aufsichtsräte bei VW, Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Weil und sein Wirtschaftsminister Lies nicken das Skandal-Geschenk für die ehemalige hessischen SPD-Justizministerin kaltlächelnd ab. Was aber macht Martin Schulz, der neue Messias der SPD, der Robin Hood-Kämpfer für Gerechtigkeit und die „hart abreitenden kleinen Leute“? Er empörte sich kaum über diesen SPD-Skandal. Noch dümmer aber stellten sich die Wahlkampftrottel von der CDU an, diese geballte Graugesichter-Masse der Kauder, Tauber und Altmeier: Sie ließen dieses SPD-Selbsttor ungenutzt. Dafür präsentierten sie die zu Eisflächen erstarrten Gesichter von Merkel und Seehofer beim Unions-„Friedensgipfel“. Wenn Merkel die Wahl unbedingt verlieren will, dann kann man ihr nur raten: Weiter so mit diesen von Schillerscher Dummheit geschlagenen Wahlkampf-Laien.

Alternative Fakten

Der Publizist Johannes Gross meinte einst: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Wer aber immer lügt, hat ganz gute Chancen.“ Kaum anzunehmen, Donald Trump habe Gross gekannt, aber er verhält sich genau so. Und seine Leute haben sogar einen Ausdruck erfunden, um die Lüge noch zu veredeln: Die „alternativen Fakten.“ So äußerte sich zum Beispiel seine Beraterin Kellyanne Conway zur Lüge von Trumps Pressesprecher, die Zuschauerzahl bei Trumps Amtseinführung sei die höchste jemals gemessene gewesen. Der Sprecher, so Conway, habe beileibe nicht gelogen. Er habe nur „alternative Fakten“ vorgetragen. Nils Minkmar bemerkte im „SPIEGEL“ völlig zu recht: „Trump und seine Leute wissen genau, was sie da tun. Es geht nicht um die Verbreitung falscher Informationen zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung, sondern um den offenkundigen Akt des Lügens.“ Der große russische Schriftsteller Maxim Gorki hat recht: „Oft zeigt die Lüge deutlicher als die Wahrheit, was in einem Menschen vorgeht.“ Bei Trump sicher nichts Gutes.

Der Dorfschulze

In ganz früheren Zeiten war der Dorfschulze ein respektierter Mann, er war sozusagen der „Vorsteher einer Gemeinschaft.“ Als solcher, als sozusagen „Dorfschulze der SPD“, gerierte sich bei seiner Vorstellung jetzt der neue Kanzlerkandidat der SPD. Und sein erster Auftritt war auch ganz im Sinne eines Dorfschulzen: Respektabel. Nun wird man abwarten müssen, ob er seiner neuen Rolle auch künftig gerecht wird. Die SPD jedenfalls feiert ihn schon als „heiligen Sankt Martin“. Falls er selbst gesteckten Zielen gerecht werden sollte, wird Angela Merkel sich etwas einfallen lassen müssen: Einfaches Aussitzen und eine weitere Einschläferung der Wähler wird dann nicht zum Sieg reichen.

Trumpeltier

Goethe sagte einst schon: „Wir verzärtelten, unerfahrenen Menschen schreien bei jeder fremden Heuschrecke, die uns begegnet: Herr, sie will uns fressen.“. Nun darf man bei Donald Trump, der Brüssel für ein schönes Land hält, voraussetzen, dass er Goethe nicht kennt. Aber offenbar hält er jeden Fremden, der seinen Fuß in sein Land setzt, für eine gefräßige Heuschrecke. Dabei müssten ihm Heuschrecken doch eigentlich ganz sympathisch sein, denn seine Spezies stammen doch aus jenen Finanzbereichen, die Franz Müntefering selig einst als Heuschrecken brandmarkte. Aber es ist wie immer bei Trump: Widersprüche über Widersprüche, und wo das Trumpeltier hintritt, das wächst kein Gras mehr.

Höckerkamel

Ein russisches Sprichwort lautet: „Ein Dummkopf entlarvt sich oft allein durch sein Geschrei.“ Er hat wieder laut seine Hasstiraden herausgeschrienen, dieser unsägliche thüringische Parteichef der AFD, Bernd Höcke. Das Holocaust-Mahnmal nannte er ein „Denkmal der Schande in der deutschen Hauptstadt“ und das Gedenken an den millonenfachen Judenmord eine „dämliche Bewältigungspolitik“. Und die Konsequenzen: Vorerst keine. Für einen Rausschmiss der Scharfmachers war der AFD-Vorstand zu feige. Das Höcke(r)Kamel hat ja auch das Parteiprogramm getreulich erfüllt: Erst provozieren, was das Zeug hält, dann einen halben Schlag zurückrudern. Etwas bleibt schließlich immer hängen. Die AFD-Bundeschefin Frauke Petry stand diese Woche gemeinsam mit der französischen Radikalen-Chefin Marine Le Pen und dem holländischen Hetzer Geert Wilders in der Koblenzer Rhein-Main-Halle auf der Bühne, lauschte andächtig den Hurra-Rufen ihrer Anhänger auf Donald Trump. Hinter ihnen feixte Petrys neuer Ehemann, NRW-AFD-Chef Marcus Pretzell und brüllte ins Mikrofon: „Das neue Europa, die neuen Staats-und Regierungschefs Europas, haben sich hier in Teilen versammelt.“ Derselbe Pretzell, der sich jüngst auf seiner umstrittenen Reise auf die besetzte Krim von seinen russischen Gastgebern hatte aushalten lassen und als Dank ein Ende der der EU-Sanktionen gegen Russland gefordert hatte. Petry, Pretzell, Höcke: Welch ein Trio verblendeter, nationalistischer, rassistischer Kumpanei! Wie sagt Bert Brecht: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“